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Republik Kongo - Afrika

Eine Flußfahrt nach Brazzaville

Auf dem Ubangi zur Grenze

Mehr als 1200 Kilometer auf dem Wasserweg standen uns bevor, davon 600 Kilometer auf dem Ubangi (auch: Obangui, Oubangi, Obangi). Die Strecke Bangui-Brazzaville wurde, wenn ich mich recht erinnere, einmal pro Woche von einem solchen Passagierschiff wie wir es benutzten wollten, befahren. Heute also, am 10. April 1981, begann diese letzte Etappe unserer Afrikareise.
Daß das keine Kreuzfahrt würde, war uns klar und so hatten wir gestern noch für Nahrungsmittel und Tabak gesorgt. Trinkwasser sollte kostenlos auf dem Schiff zu haben sein.

Am Flußhafen von Bangui, Zentralafrika, herrschte reges Treiben.
Unser Beförderungsmittel war ein Schubverband mit zwei großen Leichtern, denn der Ubangi ist ab diesem Hafen für derart große Fahrzeuge schiffbar. Der eine Ponton hatte Holz geladen, während der andere mit Passagieraufbauten versehen war.
Diese bestanden aus offenen Kabinen mit vier Stockliegen die, ebenso wie alles andere, aus Stahlblech gefertigt waren. Vier solcher Kabinen bildeten eines der beiden Häuschen.
Mit uns, das waren meine beiden alten Reisegefährten und ich, gingen zwei Japaner und ein Deutscher, der wie wir von Brazzaville aus nach Hause fliegen wollte, an Bord. Wir hatten die letzten beiden Wochen zusammen in Bangui kampiert und diese Reise vorbereitet.
Auf dem Schiffsverband war man damit beschäftigt, Bierkisten, Zigarettenstangen, Krüge und Flaschen mit Petroleum oder Benzin, Waschpulver, Batterien, kurz mit allem was ein afrikanischer Kaufladen eben so führt, in großer Menge zu verstauen. Fast sämtliche Passagiere außer uns waren nämlich Händlerinnen, die mit der Reise auf dem Ubangi und Kongo ihren Lebensunterhalt verdienten.
Wir waren also relativ wenige Personen an Bord, als wir mit der in Afrika üblichen Verspätung am späten Morgen am Kai von Bangui ablegten. Wenn auch die Zahl der Blechliegen nicht der Zahl der Passagiere entsprach, da viele Abteilungen von mehr als nur vier Menschen besetzt waren und einige Leute, die nicht die ganze Fahrt machen wollten, auf dem Deck saßen.
Als erstes interessierte ich mich für der Zustand der Toiletten, die in einem dritten Blechverschlag am Heck des Personenleichters untergebracht waren.
Diese waren einfach gehalten, die Fäkalien konnten hindernisfrei durch ein Loch im Boden in den Fluß fallen, und Wasser zur Reinigung war genügend in Behältern vorhanden, so daß nicht zu befürchten war, daß man, wie ich es auf einem indonesischen Schiff erlebt habe, gegen Ende der Fahrt bis fast zu den Knien in fäkalienverschmutztem Wasser waten mußte.

In der Nähe der Hauptstadt bestimmten auf der zentralafrikanischen Seite des Ubangi noch Felder und Dörfer die Landschaft, aber bald änderte sich dies und das Wasser strömte durch ursprünglichen Primärwald und der Ubangi verbreiterte sich. Demzufolge wurde das Wasser seichter, unser Schubschiff, die "Vakaga", mußte ständig im Zickzack-Kurs den mit Stangen markierten Untiefen und sichtbaren Sandbänken auf dem nun kilometerbreiten Fluß ausweichen. Zudem begann der Ubangi an vielen Stellen Inseln zu bilden und sich in mehrere Arme aufzuteilen.
Dies sollte, trotz der ständigen Zuflüsse aus dem Regenwald, noch auf eine sehr weite Strecke so bleiben. Als es gegen sechs Uhr zu Dunkeln begann, legte unser Schiff am etwa drei Meter hohen Steilufer eines kleinen Urwalddorfes an, das an einer kleinen Flußmündung lag und sofort strömten Menschen über die ausgelegte Brücke an Bord, um Handel zu treiben.
Es wurde ein billiges Abendessen in der Dorfkneipe angeboten, das wir annahmen. Es gab eine Art Gulasch mit Maniokknödeln, gar nicht mal schlecht, auch wenn meine Freundin den Verdacht hegte, es handele sich um Affenfleisch.
Wir hatten für die Nacht festgemacht, da die Reise wegen des gefährlichen Fahrwassers nur tagsüber möglich war. Als ich am nächsten Morgen erwachte, waren wir bereits wieder unterwegs.
An diesem Tag kamen wir an der Einmündung des Lobaye vorbei, der von rechts in den Ubangi mündete und nach einiger Zeit erreichten wir die Grenze des Kongo.

Die Flußpiraten vom Ubangi

Auch das einst kleine Imfondo ist gewachsen

Oh wie ich diese Zöllner hasse! Nicht umsonst werden jene in der Bibel verdammt.
Der Securite Offizier des zum Grenzbezirk Betou gehörenden kleinen Postens forderte von uns ungefähr umgerechnet dreißig Mark für irgendeine Gebühr, die Touristen zu entrichten hätten.
Wir hatten aber alle erforderlichen Papiere und Visa und weigerten uns zu zahlen.
Jedoch ließ er weder mit sich handeln noch sonst irgendwie beeindrucken. Wir könnten ja hier im Urwaldposten bleiben, dann führe das Schiff eben ohne uns den Ubangi hinunter.
"Notfalls werde ich Sie mit Waffengewalt an der Weiterfahrt hindern lassen und wenn Sie sich beschweren wollen, nur zu!"
Hierbei deutete er auf ein umgebautes Fahrrad, an dem anstelle eines Hinterrades ein Riementrieb mit einem Dynamo befestigt war, und auf das Funkgerät, das von dieser sinnreichen Einrichtung mit Strom versorgt wurde.
"Sie können ja mit meinen Vorgesetzten in Brazzaville reden."
Nie und nimmer konnte mit einem solchen kleinen Funkgerät die 1000 Kilometer Luftlinie entfernte Hauptstadt erreicht werden. Höchstens hätten wir seinen Vetter in Betou anfunken können, wenn wir uns denn mit diesem Gerät ausgekannt hätten.
So leicht wollten wir nicht aufgeben, zumal wir an afrikanischen Grenzen schon öfters mit Erpressungen konfrontiert worden waren. Dieser Knabe blieb aber hart, der Kapitän wurde bei dem endlosen Palaver ungeduldig, obwohl auch er vom Unrecht des Offiziers überzeugt war und letztendlich gab es den Ausschlag, daß die Kerle bewaffnet waren und somit recht hatten.
Wir zahlten zähneknirschend.
Eine gute Gehaltsaufbesserung als Entschädigung für den langweiligen und sonst wenig einträglichen Job außerhalb der zivilisierten Welt. Wahrscheinlich war er strafversetzt worden und hoffentlich sitzt er heute noch dort!
Bald hinter der Grenze machte unser Schiff wieder für die Nacht fest. Wir hatten einen Gaskocher dabei, auf dem wir unsere Mahlzeiten, meist Nudeln mit irgendwelchen teuren Konserven, zubereiteten. Wir amüsierten uns über die Japaner, die mindestens fünf- bis sechsmal am Tag ihren Reis kochten, den sie mit Fischkonserven verzehrten. Gekocht wurde übrigens mit Wasser aus dem Ubangi, denn das war unser versprochenes Trinkwasser.
Bereits vor neun Uhr legten wir uns ab jetzt in die Kojen.

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