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Nepal - Asien

Tagebuch einer Nepalreise

Ein Tag in der alten Königsstadt Patan (Lalitpur)

Am anderen Tag fuhren wir früh mit dem Bus ins nahe Patan. Bei dem Stadtnamen können sich die Nepalesen nicht so richtig entscheiden, denn Patan wird auch als Lalitpur bezeichnet. Jedenfalls war diese Altstadt, genau wie in Kathmandu, ebenfalls voll erhalten geblieben. Patan ist eine der drei alten Königsstädte und wesentlich prächtiger als die Altstadt von Kathmandu mit verzierten Gebäuden und Tempeln geschmückt. Beim Besuch eines Hindutempels wurden wir jedoch von einem erbosten Gottesdienstbesucher aus dem Tempel gewiesen. Wir nahmen uns das nicht sehr zu Herzen, es war nachvollziehbar, daß die überall herumstolpernden Touristen für die Gläubigen eine Belästigung darstellten.
Doch wurden wir von einem Nepali verfolgt, dieser wollte wissen, weshalb wir uns so widerspruchslos aus dem Tempel hatten weisen lassen, das sei doch ein Haus Gottes und niemand habe das Recht, einen anderen aus einem solchen zu weisen.
"Bist du Hindu?"
"Nein, ich bin Moslem! Und ihr seid Christen?"
"Ja, aber sieh, ich glaube nicht an das was jene glauben, für mich ist ein Besuch in einem ihrer Tempel nicht anders als ein Besuch in einem Museum und wenn sich Gläubige von glotzenden Touristen gestört fühlen, dann kann ich das verstehen!"
Diese Erklärung stellte den Moslem aber keineswegs zufrieden.
"Ich würde mich niemals aus einem Haus Gottes weisen lassen!"
Eine kämpferische Einstellung die man respektieren muß, jedoch auch erklärt, weshalb es auf dem Subkontinent ab und an zu religiösen Eruptionen kommt. Ich weiß nicht weshalb ich dem Mann verschwieg, daß ich einmal fast verprügelt wurde, als ich einem schiitischen Gotteshaus im Iran aus Unwissenheit zu nahe gekommen war.

Der berühmte Tempelbezirk am Durbar Square in Patan
Der berühmte Tempelbezirk am Durbar Square in Patan (Lalitpur). Der Himalaya im Hintergrund soll heutzutage aufgrund des Smogs im Kathmandutal nicht mehr sichtbar sein.
Durbar Square in Patan

Nach Besichtigung der anderen wichtigen Tempel und Sehenswürdigkeiten Patans (wir wurden natürlich sonst nirgendwo abgewiesen), begaben wir uns ins Viertel der Silberschmiede, denn wir wollten Schmuck kaufen. Vor einem kleinen Tempel bot ein Junge meiner Begleiterin ein Armband für eine Rupie an, ich riet ihr zuzugreifen, denn es sah aus als wäre es aus Silber. Ein befragter Silberschmied begutachtete das Armband, der Stein war nicht echt, doch der Gewichtswert des Silbers betrug 32 Rupien. Wahrscheinlich hatte der Junge das Armband irgendwo gefunden.
Ich erstand einen sehr schönen, schweren und fein ziselierten mit Edelkorallen besetzten Armreif aus hochwertigem Silber für 250 Rupien (knapp 37.-DM) sowie eine Brosche. Etliche der Silberwaren stammten aus Varanasi in Indien, doch machten die korrekten Silberschmiede gar kein Geheimnis daraus. Der Silberschmuck wurde gewogen und auf den Tageswert des Silbers ein recht geringer Betrag für die Herstellung aufgeschlagen, das ergab den Gesamtpreis. Nie bin ich in Indien oder Nepal von einem der allgemein ziemlich seriösen Silberschmiede übers Ohr gehauen worden. Handeln muß man natürlich trotzdem, das gehört zur Etikette und wird erwartet, doch sollte der Preis nicht so weit gedrückt werden, daß der Schmied wirklich wütend wird, sonst erhält man die Ware auch dann nicht mehr, wenn man mit dem Preis wieder nach oben geht! Auf jeden Fall sollte man sich genügend Zeit für solche Verhandlungen nehmen und vergleichen.

In einer der Straßen Patans wurde die "Kanalisation" gereinigt, über die Patans Altstadt im Gegensatz zu der Kathmandus verfügte. Diese bestand aus mit Steinen ausgelegten und mit ebensolchen Platten bedeckten Gräben, die einen jahrhundertealten Eindruck machten. Dort wo die Deckplatten entfernt waren, verbreitete sich ein ekelerregend infernalischer Gestank. Die armen Arbeiter, die mit den landesüblichen kurzen und stiellosen Besen den kleinen Graben mit der übelriechenden grauen Brühe ausfegten, taten mir leid. Das Ganze erinnerte mich an die Abwassergräben in Kabul, nur daß dort diese nicht abgedeckt waren.

Die Königs-Empore im Tempelbezirk von Patan
Die Königs-Empore im Tempelbezirk von Patan. Auf dem überdachten turmartigen Gebäude im Vordergrund wohnte der Raja den Zeremonien bei.

Ein paar Straßen weiter spielten ein paar Jungen mit einer großen toten Ratte Fußball, als wir vorbei waren, wurde mir die Ratte prompt von hinten ans Bein gekickt. Als ich zornentbrannt herumfuhr, entfleuchte die ganze Schar hämisch kichernd.
Es gab viele fotogene Szenarios in Patan, als ich z. B. jedoch einen kiffenden weißhaarigen Alten, der malerisch in einem Hauseingang kauerte, fragte ob ich ihn fotografieren dürfe, lehnte dieser entschieden ab, obwohl er, wie mir sein Blick signalisierte, ein ungefragtes fotografieren wohl als seltsame Marotte dieser lästigen und unverschämten Touristen hingenommen hätte.
Mir schien, die einfachen Leute in Patan, denen die Reisenden ja kaum einen Nutzen brachten, hatten die Nase von all den Fremden gestrichen voll, sonst hätten es wohl auch jene Lausbuben nicht gewagt, mit der Ratte nach mir zu kicken und auch der Rauswurf aus dem Tempel war ein Indiz für eine solche Einstellung.
Schwer zu sagen, wer mehr zu dieser Stimmung beigetragen hatte, die mittlerweile häufigen Pauschaltouristen und Trekkingurlauber, oder die reisenden Hippies ("You want Dschillom, Baba?") von denen es allerdings im Jahr 1979 nicht mehr sehr viele gab, da die Überlandroute nach Indien in Afghanistan und Persien versperrt war.

Eine rituelle Glocke vor einem Heiligtum in Patan
Eine rituelle Glocke vor einem Heiligtum in Patan

Auf dem Rückweg zum Busbahnhof begegnete uns ein etwa zwanzigjähriger junger Mann, der einen etwa 13 jährigen Jungen verdrosch, welcher "Mordio!" schrie. Meine Freundin wollte einschreiten, doch verbot ich es ihr, das konnte unübersehbare Konsequenzen nach sich ziehen. Einige Minuten später, wir waren stehen geblieben, hatte sich ein ziemlich großer Menschenauflauf um die Beiden gebildet, doch niemand schritt ein und der junge Mann beruhigte sich schließlich von selbst wieder. Anscheinend war der Junge sein Bruder und das Ganze eine Erziehungsmaßnahme.
Um 16:00 erreichten wir wieder das fremdentolerantere Kathmandu, in dem die Touristen auch das meiste Geld ließen, und ich begab mich wieder ins Hotel, während meine Kameradin sich nochmals in der Altstadt umsah.

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