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Marokko - Afrika

Per Anhalter nach Marokko

Marrakech

Der Autor fiel auf der Dschama el Fna in Marrakesch den Touristenfängern in die Hände...

Am Mittwoch fuhren wir mit dem Zug weiter nach Rabat. Während der Fahrt wurde es unvermittelt stockdunkel.
Wir fuhren durch einen Tunnel.
Es dauerte nur kurze Zeit bis jemand in einiger Entfernung ein Streichholz anriss. Im schwachen Schein des Lichtes glaubte ich anfangs eine schemenhafte Gestalt zu erkennen, die sich an der Gepäckablage zur schaffen machte.
Bald war das Holz abgebrannt.
Ich warnte meine Freundin acht zu geben und entzündete nun ebenfalls ein Hölzchen. Die anfängliche Zeit der völligen Dunkelheit erschien mir für einen Diebstahl jedoch viel zu kurz.
Es dauerte nicht mehr lange, und der Zug fuhr wieder aus dem Tunnel.
Der junge Mann, der unter unserem Gepäck saß, gab sich harmlos und liebenswert.
Er wollte dann anscheinend irgendwo unterwegs aussteigen und verabschiedete sich freundlich von uns.
So bemerkten wir erst im Zielbahnhof, daß das Gepäck meiner Begleiterin geöffnet war, es fehlten eine Brille und ein Blitzgerät.

Die Hauptstadt Rabat war sehr teuer und erst nach langer Suche fanden wir ein miserables Hotelzimmer für umgerechnet „nur“ 20.- DM. Deshalb nahmen wir gleich am nächsten Morgen um 8:00 den Zug nach Casablanca, oder kurz „Casa". Dort stiegen wir in den Zug nach Marrakech (den „Marrakesch Express"), wo wir nach anstrengender Fahrt am Freitag dem 1. September eintrafen.

Place Jemaa el-Fna

Vom Bahnhof etwas außerhalb der Stadt fuhr ein Bus ins Zentrum. Die große ehemalige Kapitale der westlichen Karawanenwege mit ihrer mittelalterlichen Befestigungsmauer im maurischen Stil machte auf uns einen exotischen Eindruck.
Wir hatten von anderen jungen Touristen üble Dinge über Marrakech („Marraksch", wie es seine Bewohner nennen) gehört, doch empfanden wir die Stadt ganz anders als diese Schilderungen. Lediglich die Händler waren noch etwas aufdringlicher und geschäftstüchtiger als anderswo in Marokko.

Djama el Fna

Uns gefiel Marrakech sehr, wir hatten ein schönes und günstiges Hotel im alten Stil ganz nahe der Djama el Fna, dem großen Platz in der Altstadt an der Koutoubia. Koutoubia heißt jene große Moschee, an deren Minarett früher die Leichen der Hingerichteten aufgehängt wurden. Seltsamerweise aber trug übrigens auch eine marokkanische Zigarettenmarke den Namen Koutoubia.
Einheimische und Touristen versammelten sich vor allem des Abends in Massen auf dem Platz.
Garküchen offerierten dort leckere Gerichte. Schlangenbeschwörer, Gaukler, Märchenerzähler und Musiker boten im Schein von Fackeln und Petroleumlampen eine Art orientalischen Rummel, der jeden faszinieren musste.
Aber aufpassen musste man dort schon, auch tagsüber.
Zwei junge Frauen, anscheinend Sinti oder Roma, näherten sich mir aufdringlich und baten um etwas Kleingeld. Aber sie baten mich nicht nur, sie fassten mir auch in die Taschen. Die eine links, die andere rechts. Ich war erzürnt und scheuchte sie weg. Allerdings hatten sie schon ein paar kleine Münzen erbeutet und einen Geldschein konnte ich der einen gerade noch wieder abnehmen, indem ich sie am Handgelenk fasste und ihr die Finger gewaltsam öffnete.
Obendrein wurde ich auch noch beschimpft.

Eine andere Art an das Geld der Touristen zu kommen, war mir da wesentlich sympathischer.
Als wir über die Djama el Fna spazierten, näherten sich zwei Gestalten mit einer Schlange. Ungefragt legten sie mir das gefährliche Untier, das allerdings eher die Kopfform einer Schleiche hatte, um den Hals.
„Wie wäre es mit einem Foto?"
Mit der Schleiche war ich mir jedoch nicht so sicher, vielleicht lag doch eine Schlange um meinen Hals und mir war nicht gerade besonders wohl in meiner Haut. So bereute ich den verlangten Dirham als Entlohnung nicht und zwang mich zu einem Lächeln.
Gleich darauf machten sie sich auf die Suche nach weiteren Opfern. Mit dieser Methode erreichten sie bestimmt einen erklecklichen Stundenlohn.

In dem Gewirr der ungezählten Gassen konnte man sich verlaufen und ein paar Mal verloren wir auch wirklich die Orientierung. Dann war es am einfachsten, sich dem Strom der belebtesten, oft mit Tüchern vor Sonnenbestrahlung geschützten Gassen anzuschließen und sich nach der Richtung der Djama el Fna zu erkundigen, irgendwann landete man dann immer wieder auf diesem Platz.
Die Viertel der Altstädte waren in ganz Marokko, wie einst in unseren mittelalterlichen Städten, nach Berufsständen aufgeteilt. Das brachte dem Kunden ganz klar Vorteile, da er direkt von Laden zu Laden Qualität und Preise vergleichen konnte. Auf der anderen Seite hatten die Händler und Handwerker natürlich ein gewisses Preisabkommen untereinander. Wer zwischendurch durstig wurde, konnte seinen Durst bei den durch die Straßen patrouillierenden und durchweg rot gekleideten Wasserverkäufern löschen.
Unser angenehmes Hotel war, wie gesagt, im luftig kühlen maurischen Stil mit Innenhof erbaut, und oft unterhielten wir uns unter den Arkaden stundenlang mit jungen Marokkanern und Touristen aus ganz Europa. So blieben wir länger als geplant im Marrakech, das wir erst am Mittwoch, dem 6.9.1978 verließen.

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