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Niger - Afrika

Durch die Republik Niger

Birni N'Konni

Nie werde ich die eckelverzogenen Mienen der neugierigen Kinder vergessen, als ich zwei Dosen mexikanischen Bohneneintopf´s öffnete und die Pampe in einen Kochtopf abfüllte. Sie waren dann zwar nicht überzeugt, aber doch etwas verwundert, daß das fertige Resultat, das wir über unseren Reis gossen, doch einigermaßen genießbar aussah. Mein Angebot, unser Essen zu probieren, wurde jedoch einstimmig und händestreckend abgelehnt. Wohl auch deshalb, weil ich ihnen durch Pantomimen erklärt hatte, daß in Europa Kinder wie sie kleingeschnitten und in Dosen abgefüllt würden.
Nach dem Essen gingen wir auf den Markt, der ein sehr reichhaltiges Angebot hatte, was mit der ziemlich intensiven Landwirtschaft zusammenhing, die Gegend war kurz vor Birni N'Konni recht fruchtbar geworden. Die Leute waren sehr freundlich und die Preise günstig. Es waren allerdings jetzt auffällig viele blinde Menschen zu sehen. Diese Erblindung (Onchozerkose oder Flußblindheit) wird von Parasiten verursacht, die von am Wasser lebenden Stechmücken übertragen werden. Rechtzeitig erkannt, wäre die Krankheit leicht heilbar, doch ist der Niger bitterarm.
Abends kamen die Kolbenringe, aber der Garagenbesitzer war nicht mehr da, trotzdem waren wir mit dem Verlauf dieses Tages endlich mal wieder recht zufrieden.
Der Kolbenring wurde am nächsten Tag von unseren Spezialisten eingebaut, doch wurde jetzt festgestellt, daß ein Ventil ebenfalls defekt war. Ein Versuch es zu schweißen schlug fehl, also musste der Junge wieder ins Nachbarland. Unser Lagerplatz lag an einem viel begangenen und berittenen Weg, auf dem Bauern ihre Produkte zum Markt von Birni N'Konni brachten. Zwei von uns bekamen jetzt auch noch Fieber, das wir aus unserer Reiseapotheke behandelten.
Übrigens behandelten wir sehr oft im östlichen Niger Einheimische, es hatte sich herumgesprochen, daß Afrikafahrer Massen von Medikamenten mit sich herumschleppten. Am häufigsten versorgten wir eitrige Löcher in der Haut von Kindern, welche teilweise Fünfmarkstückgröße überstiegen und vermutlich durch irgendwelche infizierte Insektenstiche verursacht wurden. Manche dieser Löcher hatten sich einen halben Zentimeter tief ins Fleisch gefressen und die Menschen ließen diese Stellen völlig unbedeckt. In einem Fall spendeten wir bei einer besonders großen Infektion Geld für einen Arzt.

Tuaregfrau in Niamey
Tuaregfrau in Niamey

Am folgenden Morgen fuhr ich mit dem gesunden Teil unserer Gruppe in den Ort, Geld wechseln und Frühschoppen. Ein Junge bot mir Cola-Nüsse zum Kauf, diese waren recht teuer und von bitterem Geschmack. Ich kaufte noch Gujaven und aß gegrilltes Ziegenfleisch, das mit einer für mich neuartig schmeckenden Mischung gewürzt, aber gar nicht schlecht war. Zum Nachwürzen wurde Maggi gereicht.
Abends kam dann das neue Ventil aus Nigeria, dieses wurde am nächsten Tag eingebaut.
Endlich lief unsere Kiste wieder!
Jetzt wieder zur Werkstatt, wo es hieß, der Besitzer sei nach Niamey gefahren. Dafür kam dann der Mann der angeblich unseren Motor brauchte, von den vereinbarten 200 DM wollte er nix wissen und bot statt dessen umgerechnet 100 DM. Wir hatten ein nicht vereinbartes Ventil aus Nigeria bekommen und so durften Fünfe gerade sein, denn wir waren im Hochgefühl. Der Verkauf mußte bei der Polizei bestätigt werden.
Bald waren wir auf dem Weg von Birni N'Konni nach Niamey, natürlich ohne Plastikplane, da wir jetzt Abstand halten konnten und bei Gegenverkehr anhielten, wobei gegen Abend trotzdem auch am anderen VW die Frontscheibe durch Steinschlag zu Bruch ging.

Niamey

Über Dosso erreichten wir nach etlichen Polizeikontrollen die Hauptstadt Niamey. Dort gab es zwar Scheiben, doch waren uns diese zu teuer und nach mehrtägiger Suche bastelten wir uns mit Hilfe einer Schlosserei und deren freundlichem Besitzer aus kleinmaschigem Drahtgitter einen Schutz an die Front. Einen solchen vor seine Scheibe zu hängen ist jedem Saharafahrer der Teerstraßen benutzten will, zu empfehlen.
Die Preise in Niamey waren überhaupt extrem. Im Supermarkt war eine Dose Linsen für 450 CFA (3,87 DM) und Ravioli für 850 CFA (7,31 DM) zu haben. Ein Kilo Tomaten kostete 1000 CFA (8,60 DM). So verzichten wir darauf unsere Vorräte an Konserven aufzufüllen.
Doch in den Garküchen des Marktes war das Essen mit 150 CFA für Gulasch mit Nudeln erstaunlicherweise recht günstig und gut, wenn auch die Teller nicht gerade die saubersten waren. Da konnte das noble Rivoli, der teure "Globetrotter"-Treffpunkt natürlich nicht mithalten, weshalb wir dort nur ein Bier tranken.

Die Tage an denen wir in Niamey blieben wurden öfter Ausflüge in die Dörfer am Niger gemacht, um im Strom zu baden. Je weiter diese Dörfer von der 220.000 Einwohner zählenden Stadt entfernt waren, desto herzlicher waren die Einwohner, doch kann man nicht behaupten, daß die Hauptstädter unfreundlich waren, eher geschäftstüchtig.
Der Fluß führte Hochwasser, auf vielen Wiesen stand das Vieh mit den Hufen im Wasser und rupfte an den aus dem Wasser stehenden Grashalmen. Deshalb war das Baden in der starken Strömung nur an manchen Stellen möglich.
Wir entdeckten bei einer Badeplatzsuche eine Schlange, die in einem Termitenhügel verschwand, um den abgestreifte Häute lagen. Alle Versuche die Schlange mittels langer Äste aufzuscheuchen schlugen fehl.
In Niamey lernten wir zum ersten Mal die afrikanischen Open-Air Disco´s kennen, die sich am besten als Biergärten mit Tanzfläche, guter westafrikanischer Musik und Grillständen beschreiben lassen, in denen man schnell Kontakt bekam. Um nach dem Besuch nicht vier Fahrzeuge vorzufinden, bekamen die Türsteher Trinkgeld für die Bewachung, das hat in Afrika immer gut geklappt. (Außer in Douala, Kamerun, wo ein Diebstahl von uns gerade noch verhindert werden konnte.)
Auch der "große Markt" der Stadt, der seinen Namen verdient, war recht interessant und ist nicht zu verwechseln mit dem Touristenmarkt.
Die nigerianische Botschaft im Niger war angeblich die einzige in Westafrika, die Visa für Deutsche ausstellte und so besorgten wir uns solche.

Tera

Straßenszene in Niamey
Straßenszene in Niamey

Als alles erledigt war, ging es auf der Straße, dem Tal des Niger folgend, nach Norden bis wir mit einer Fähre über den Strom setzten mussten. Auf der anderen Seite gab es wieder Piste und wir hatten immer noch keine Scheiben, deshalb war die Fahrt eine ziemlich staubige Angelegenheit. Die ersten riesigen Affenbrotbäume tauchten zwischen den Feldern und Büschen auf.
Nach einigen Polizeikontrollen wurde Tera erreicht. Das erste Haus war das Zollgebäude. Die Zöllner wollten unser Carnet de passage abstempeln, das ließen wir aber nicht zu. Die Beamten wurden wütend und meinten, wir sollten halt losfahren, aber wenn die Beamten in Obervolta Schwierigkeiten machten, dann bräuchten wir bei ihnen nicht mehr aufzutauchen. Wir begannen abgeklärt zu werden und meinten freundlich, das liege auch nicht in unserer Absicht.
Im Ort ging´s zum letzten Mal im Niger ein Bier trinken, Fleisch mit Reis essen, dann auf in´s "Niemandsland" Richtung Dori. Die Piste war zwar staubig, aber nicht schwierig. Überall mussten wir den freundlichen Menschen in den malerischen Dörfern zurückwinken, und einmal konnten sogar unsere Spritvorräte aus alten Whiskeyflaschen ergänzt werden.
Als am Abend des 3.12.1980 gelagert wurde, dürften wir uns so ziemlich genau an der auf der Karte eingetragenen Grenzlinie zwischen dem Niger und Obervolta befunden haben.

Niger und Niamey

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