reisefährten.deReiseberichte
Reise-Informationen
Philippinen - Asien

Angst und Schrecken auf Palawan

Im Postboot auf Palawan
Im Postboot übers Meer vor Palawan

Eine Fahrt im Postboot

Ein wichtiges Beförderungsmittel auf den Philippinen, das aus Tausenden von Inseln besteht, sind die Auslegerboote, von den Einheimischen Bangka genannt. Bei diesen handelt es sich um lange schmale Boote, deren Gleichgewicht durch zwei Ausleger getragen wird. Bricht einer der Ausleger, oder setzt sich etwa ein ahnungslos badender Tourist darauf, kentert das Boot sofort.

Von Guigol, einem kleinen Dorf auf Palawan, wollte ich mit dem Postboot in das etwa 80 Kilometer entfernte und berühmte El Nido.
Ich hatte zwar gehört, daß der letzte Taifun die See in ziemliche Aufregung versetzt hatte, jedoch hier im Malampaya Sund war das Wasser ruhig und so stellte ich mir die Sache nicht so schlimm vor. Das Postboot verkehrt zwar regelmäßig entlang der Westküste, hat aber, zumindest in der Taifunsaison, keine festen Abfahrts- oder Ankunftszeiten. Ich hatte Glück und musste nur einen Tag warten, bis das Boot in der Bucht ankerte.

Es war etwa 3 Uhr am Nachmittag, als ich, mein Gepäck auf dem Kopf tragend, die 200 Meter bis zum Postboot durch das absolut ruhige, seichte Wasser stapfte, das mir auf dem welligen Schlickboden an manchen Stellen bis zur Brust reichte.
Mir wurde etwas mulmig bei dem Gedanken an die Krokodile, von denen ich heute morgen bei den Dorfkindern ein junges, etwa 25cm langes Exemplar gegen einen geringen Betrag abgekauft hatte. Diese hatten es mit einer Schnur um die Brust gefesselt und drangsalierten das Tier als interessantes Spielzeug. Als ich es frei ließ, hatte es zum Dank für diese Freundlichkeit versucht, mich beim Entfernen der Schnur mit einem laut klappenden Geräusch seiner spitzen Zähne in die Hand zu beißen.
Mit nassen Kleidern kletterte ich ins Auslegerboot, das größte das ich auf den Philippinen gesehen habe, es waren bereits etwa 15 Passagiere an Bord, fünf oder sechs stiegen mit mir in Guigol zu, und so war das Boot, zählt man die vier Mann Besatzung dazu, mit etwa 25 Menschen nicht ganz voll besetzt. Es war nämlich so breit, daß in der Bootsmitte 4 Personen auf einem der quer verlegten Sitzbretter Platz hatten und von Ausleger zu Ausleger betrug die Breite des Gefährtes ungefähr 8 Meter.
Mit der in Asien üblichen Gemächlichkeit wurden dann noch einige Waren aus- und eingeladen, die von den Hilfskräften des Skippers auf dem Kopf zum und vom Land transportiert wurden.
Weshalb das Boot nicht an der langen hölzernen Landungsbrücke festgemacht hatte, kann ich nicht sagen, vermutlich war, weil Ebbe herrschte, das Wasser zu seicht, oder Strömungen hatten Schlick abgelagert und die Brücke überhaupt unbrauchbar gemacht.
Dann begann der kräftige, umgebaute japanische Pumpenmotor am Heck seine laute Tätigkeit und wir liefen aus der, von dichtem Mangrovenwald besetzten, weiten und flachen Buchtniederung, welche das Ende des Sundes bildete.

Ich genoß die Fahrt durch den mit vielen Inselchen durchsetzten und von dschungelbedeckten Bergen begrenzten Sund. Dort wo dieser etwa die Breite des Bodensee´s erreichte, wurde die See schon etwas bewegter, es war jedoch kein Grund zur Beunruhigung vorhanden und das Meerwasser, das mich von Zeit zu Zeit durchnässte, wirkte in der tropischen Hitze eher erfrischend. Nach vielleicht anderthalb Stunden erreichten wir den kleinen Ort Binaluan, ca. 30 Kilometer von unserem Startpunkt entfernt. Dort stiegen die allermeisten Passagiere aus, was mich wunderte, war doch der Ort nur ein ordinäres Dorf aus einigen Holzhütten mit einer Landungsbrücke, an der wir diesmal anlandeten. Auch stieg niemand mehr zu.
Von dort nahm unser Boot wieder Kurs über den kleineren Nordteil des Sundes, an dem die Bergflanken bereits steiler abfielen und schwenkte dann in einen Kanal ein, der sich am Ende bis auf weniger als einen Kilometer Breite verengte.
Das Wasser spritzte nicht mehr ins Boot und so trockneten meine Kleider im Wind der etwa einstündigen Fahrt durch diesen Kanal, an dessen Hängen noch da und dort einzelne geflochtene Bauernhütten freigerodet waren.

Die gefährliche Stelle

Als wir den Ausgang und somit die offene chinesische See erblickten, erschrak ich.
An den senkrecht aufragenden Klippen und der rechter Hand sehr hoch aufragenden Steilküste brachen sich sechs Meter hohe Wellen.
Zusätzlich wurde die Szenerie verdüstert, da es langsam zu dämmern begann und sich das Weiß der Gischt um so unheimlicher an dem dunklen Fels abzeichnete.
Beunruhigt suchte ich zwischen den Felsen nach dem Einschnitt eines weiteren Kanal´s, jedoch nahm die Besatzung zielstrebig Kurs auf die offene See, schräg der langgestreckten Dünung entgegen.
Kurz nach dem Ausgang des Kanals, links in Richtung offener See, nahm ich in einigen hundert Metern Entfernung eine kleine Ruderbangka wahr, gerade groß genug, um eine oder höchstens zwei Personen zu tragen. Zwischen zwei Klippen nahe der Küste war ein Mensch mit Fischen beschäftigt. Ich hielt den Mann für komplett übergeschnappt, das war lebensgefährlich, mit so einem kleinen Boot! Meine Ansicht schien sich zu bestätigen, denn als die Bangka den Gipfel der von mir beobachteten ersten Welle überwunden hatte, verschwand sie natürlich aus meinem Blickfeld. Ich wartete gebannt, wann sie wieder auftauchen würde, doch die Sekunden verrannen und wechselten die Einheit. Als die Minutenzahl schon die gefühlten zwei überschritten hatte, wollte ich, den Arm in Richtung des Fischers streckend, mich gerade rückwärts an die Mannschaft wenden. Doch nicht etwa mit der Aufforderung, dem Fischer zur Hilfe zu eilen, sondern, sofort umzukehren. In diesem Augenblick bemerkte ich einen Punkt, der langsam größer wurde, und allmählich tauchte das kleine Boot wieder auf. Die Wellenkämme mussten einen riesigen Abstand zueinander haben, doch beruhigte mich diese Erkenntnis nicht sonderlich.
Mittlerweile brach die Nacht herein, aber ein heller Vollmond beleuchtete die Szene.
Als das Postboot das erste Mal selbst von einer der riesigen Wogen erfasst wurde, bekam ich wirkliche Angst und klammerte mich am Bootsrand fest. Zum Glück saß ich in der Spitze des Fahrzeugs, so daß niemand mein verzerrtes Gesicht sehen konnte.
Rettungswesten waren natürlich nicht vorhanden, auch hätten diese uns nicht davor bewahren können, an die Felsen getrieben und dort zerschmettert zu werden!
Unsere Bootsleute verstanden aber ihr Handwerk und nahmen die Wellen in einem Winkel, daß wir zwar scheinbar unser eigentliches Ziel verfehlen mussten, da wir bei Einhaltung dieser Richtung irgendwo ich China angelandet wären, jedoch das Boot ruhig und gleichmäßig schräg in die tiefen weiten Wellentäler einfuhr und sich auf der anderen Seite wieder hocharbeitete.
An der Sohle dieser Täler wurden die halbierten Bambusmasten, die die Ausleger trugen, knarrend nach oben gedrückt.
Auf dem Wellenkamm wurden sie auf der Seite, die jeweils in die Luft ragte, vom Gewicht des Auslegers nach unten gezogen, und langsam rollte das Boot in die gleiche Richtung um in das nächste Tal einzufahren, wobei dann die andere Auslegerseite aus dem Wasser schwappte und das Boot wieder zurückzurollen drohte. Dies wurde von dem Skipper dadurch verhindert, daß er vorher dem Motor, im richtigen Augenblick, Gas gab und das Fahrzeug schnell den Kamm überwand.
Ich wusste zwar, daß Bambus ein ungeheuer widerstandsfähiger Werkstoff ist, doch hatte ich Angst, einer der vier Träger könnte durch die dauernde Wechselbelastung brechen oder aber der Motor könnte ausfallen, was den Anfang vom Ende bedeutet hätte.
Daß wir wiederum naß wurden, war jetzt bedeutungslos und oft schöpften die Hilfskräfte das übernommene Wasser mit einer selbstgebastelten Handpumpe aus Bambusrohr aus dem Boot.

Allmählich fasste ich Vertrauen in die Elastizität der Bambusstangen und zu den Fähigkeiten unserer Seeleute. Dazu trug auch bei, daß ich von deren Seemannskunst durch meine Wirtin in Puerto Princesa gehört hatte, die mir riet, unbedingt nur das Postboot zu nehmen, denn noch nie seien Passagiere eines solchen zu Schaden gekommen.
Ich begann der Szenerie, mit dem leuchtenden Vollmond über den Bergen der einige Kilometer entfernten Steilküste, die von den Wellengipfeln aus zu sehen waren, sogar eine gewisse Romantik abzugewinnen.
Das wogende Wasser hatte im Mondlicht eine weiche, fast lehmig schimmernde, dunkle Farbe und die Luft war lau, einzig der Fahrtwind sorgte für Bewegung.
Nachdem wir uns ungefähr eine Stunde im Winkel von etwa 30 Grad gegen die Längsrichtung der Dünung gearbeitet hatten, steuerte der Skipper in einem günstigen Augenblick schnell das Boot herum und unser Postboot fuhr jetzt in etwa mit dem gleichen Winkel mit den Wellen wieder auf das Land zu.
Nach einer weiteren Stunde erreichten wir den Schutz größerer vorgelagerter Inseln, die Dünung hörte auf und wenn auch das Wasser noch sehr unruhig war, kamen wir jetzt wieder schneller voran. Nur noch an einer oder zwei Stellen, an denen der Schutz der Klippen und Inseln fehlte, wurden wir auf eine kurze Strecke wieder von der Dünung erfasst und erreichten nach circa einer weiteren Stunde wohlbehalten das ruhige Wasser der geschützten Bucht von El Nido.
Ich war heilfroh, als sich etwa eine Woche später, bei der Rückfahrt, die See wieder beruhigt hatte und die jetzt 2 Meter hohen Wellen an jener gefährlichen Stelle geradezu harmlos wirkten.

Ich hatte mich allerdings auch vorher bei mehreren Fischern nach dem Zustand der See erkundigt, da ich nicht auf das relativ seltene Postboot warten konnte und eines der jetzt häufigeren privaten Auslegerboote nahm, die wieder die Küste befuhren.
Diesmal landete ich im Malampaya in Bato an.
Dort, an der befestigten Lände des kleinen Flusses, ein oder zwei Kilometer oberhalb der Lagune, in welche er mündete, stand einer der Bootsleute des Postbootes.
Dieser fragte, ob ich mich denn noch an ihn erinnere.
"Natürlich, du warst einer der Seemänner des Postbootes und wirklich, diese Fahrt werde ich nie vergessen!"

SITEMAP rückwärts nach oben springen weiter...